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Vorsitzender
Stellvertretende Vorsitzende
Bundesgeschäftsführer
Bundeschatzmeister
Mitglieder des Parteivorstands
Gründung
Die Linkspartei.PDS ist die sozialistische Partei in Deutschland. Sie ist im Dezember 1989 aus der SED hervorgegangen. Ihr gehören heute knapp 62.000 Mitglieder an, davon etwa 45 Prozent Frauen. Sie ist Gründungsmitglied der Europäischen Linkspartei
10. Parteitag
9. Parteitag
8. Parteitag
7. Parteitag
6. Parteitag
3. Tagung - 07. bis 09. April 2000, Münster
2. Tagung - 06. März 1999, Suhl
1. Tagung - 15. und 16. Januar 1999, Berlin
5. Parteitag
2. Tagung - 02. und 03. April 1998, Rostock
1. Tagung - 17. bis 19. Januar 1997, Schwerin
4. Parteitag
2. Tagung - 27. und 28. Januar 1996, Magdeburg
1. Tagung - 27. bis 29. Januar 1995, Berlin
3. Parteitag
3. Tagung - 11. bis 13. März 1994, Berlin
2. Tagung - 26. und 27. Juni 1993, Berlin
1. Tagung - 29. bis 31. Januar 1993, Berlin
2. Parteitag
3. Tagung - 14. und 15. Dezember 1991, Berlin
2. Tagung - 21. bis 23. Juni 1991, Berlin
1. Tagung - 26. und 27. Januar 1991, Berlin
1. Parteitag
2. Tagung - 15. und 16. September 1990, Berlin
1. Tagung - 24. und 25. Februar 1990, Berlin
Anteil Frauen
Mitgliedschaft der Parteien (in Prozent)
Stand: Dezember 2004
Linkspartei.PDS
45,8
Bündnis 90 / Grüne
37,0
SPD
30,2
CDU
25,2
CSU
17,9
FDP
23,4
Europaparlament, Bundestag und Landtagsfraktionen der PDS
Stand: Februar 2006
Europaparlament
4 / 7
Bundestag
26 / 53
Berlin
16 / 33
Brandenburg
15 / 29
MV
7 / 12
Sachsen
15 / 31
Sachsen-Anhalt
13 / 25
Thüringen
14 / 28
Ziele
1. Unsere Ziele und Werte: Freiheit, Gleichheit, Solidarität
Unsere programmatischen Ziele gehen von einer einfachen Frage aus: Was brauchen Menschen, um selbstbestimmt leben zu können? In den Kämpfen ausgebeuteter, unterdrückter und herabgewürdigter sozialer Gruppen hat sich gezeigt: Menschen brauchen die Möglichkeit, über die gesellschaftlichen Bedingungen ihres Lebens selbst und gemeinsam mit anderen zu entscheiden. Sie brauchen das friedliche Zusammenleben mit anderen Menschen. Sie brauchen saubere Luft und sauberes Wasser. Sie brauchen Arbeit und Verteilungsgerechtigkeit. Sie brauchen Bildung, Kultur, Freizeit und Erholungsmöglichkeiten. Sie brauchen soziale Sicherheit und Gesundheit. Für Hunderte Millionen Menschen geht es dabei noch immer um das Elementare: um die Überwindung absoluter Armut. Sie brauchen das tägliche Brot, um nicht zu verhungern.
Menschen müssen ihre Fähigkeiten und Bedürfnisse, produktiven Kräfte und sittlichen Maßstäbe entwickeln können. Die Verfügung über diese Güter entscheidet, ob Menschen frei oder unfrei sind. Es sind grundlegende Freiheitsgüter. Der Anspruch auf gleiche Teilhabe an ihnen ist zugleich Anspruch auf Wahrnehmung fundamentaler Menschenrechte. Es war die Internationale, die den Kampf um diese Menschenrechte zu ihrer weltumspannenden Botschaft machte.
Sozialismus entsteht in unserem Verständnis nicht in der Folge eines abstrakten Geschichtsplans, sondern geht von den gesellschaftlichen Realitäten, den wirklichen Bedürfnissen und Interessen der Menschen aus. Deshalb entwickelt die PDS ihre Programmatik nicht losgelöst von den Bürgerinnen und Bürgern, Aktivistinnen und Aktivisten sozialer Bewegungen, Organisationen und Initiativen. Sozialismus entsteht in demokratischen Kämpfen, die geführt werden, um die strukturellen Bedingungen für Unfreiheit, Ungleichheit und Ausbeutung sowie jene Macht- und Eigentumsverhältnisse, auf denen diese beruhen, zurückzudrängen und zu überwinden. In diese Kämpfe wollen wir uns mit unseren Einsichten und Erfahrungen einbringen.
Freiheit ist der Bezugspunkt sozialistischer Politik. Gleichheit ist für diese Politik das Maß der Teilhabe an grundlegenden Freiheitsgütern. Freiheit ist für uns die Möglichkeit, das eigene Leben und die Gesellschaft - selbst und gemeinsam mit anderen - zu gestalten. Gleichheit ohne Freiheit ist Unterdrückung. Freiheit, Gleichheit und Solidarität bilden den Inhalt von Gerechtigkeit.
Gerechtigkeit verlangt, dass die grundlegenden Freiheiten, die soziale Gruppen für sich in Anspruch nehmen, zu Freiheiten aller anderen werden können. Freiheit ist nicht als egoistisches Haben, sondern als solidarisches Tun zu erreichen. So definieren wir die sozialistischen Werte, auf die wir uns in unseren Programmen von 1990 und 1993 geeinigt hatten. Wir legen sie unserer Politik zugrunde.
Eine solche Politik erfordert eine andere Regulation von Wirtschaft. Ein größerer Freiraum für Bürgerinnen und Bürger, um selbstständig über die eigenen Angelegenheiten zu entscheiden, kann das schöpferische Wirken von Arbeiterinnen, Arbeitern und Selbstständigen, von Ingenieuren, von wissenschaftlich Tätigen, von Leitungs- und Verwaltungsangestellten in Produktionsbetrieben, im Dienstleistungsbereich und bei deren sozialer Lenkung anregen und begünstigen. Mehr Einfluss zivilgesellschaftlicher demokratischer Kräfte, neu zu bestimmende sozial-ökologische Rahmenbedingungen für den Markt und vorausschauend gestaltende nationalstaatliche und internationale Politik müssen zu einer neuen gesellschaftlichen Regulationsweise verbunden werden.
Die gesellschaftliche Dominanz der Profitlogik ist daher mit der durch das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland gebotenen Sozialpflichtigkeit des Eigentums unvereinbar. Unternehmerisches Handeln und Gewinninteressen sind wichtige Voraussetzungen für Innovation und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit. Doch solange sie auf die betriebswirtschaftliche Logik der einzelnen Unternehmen beschränkt bleiben und dem Profitstreben des Einzelkapitals unterworfen sind, verwandeln sie sich in ihr Gegenteil. Sozial-ökologisches Wirtschaften setzt gesellschaftliche Kontrolle und demokratische Mitbestimmung voraus. Ohne Mitbestimmung, gewerkschaftliche Gegenmacht und sozialstaatliche Regulierung führen private Unternehmerinteressen zu volkswirtschaftlich verlustreichen, zu sozialen und umweltzerstörerischen Fehlentwicklungen.
Unternehmerisches Handeln und Gewinninteressen sind wichtige Voraussetzungen für Innovation und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit. Doch solange sie auf die betriebswirtschaftliche Logik der einzelnen Unternehmen beschränkt bleiben und dem Profitstreben des Einzelkapitals unterworfen sind, verwandeln sie sich in ihr Gegenteil. Sozial-ökologisches Wirtschaften setzt gesellschaftliche Kontrolle und demokratische Mitbestimmung voraus. Ohne Mitbestimmung, gewerkschaftliche Gegenmacht und sozialstaatliche Regulierung führen private Unternehmerinteressen zu volkswirtschaftlich verlustreichen, zu sozialen und umweltzerstörerischen Fehlentwicklungen.
Diese sozialistische Grundüberzeugung vertreten wir angesichts der bedrohlichen Differenz zwischen weltverändernden Produktivkräften und ihrer eingeschränkten Beherrschbarkeit aufgrund der gegenwärtigen Macht- und Eigentumsverhältnisse und der mehrheitlich verinnerlichten Denk- und Verhaltensweisen. Patentierung menschlichen Erbguts und gentechnische Veränderung des Menschen werden Realität. Profitorientierte Wachstumsinteressen stellen die Naturgrundlagen menschlichen Lebens in Frage. Längst kann die Menschheit durch den Einsatz moderner Waffensysteme vernichtet werden.
Wir wollen, dass eine dynamische Entfaltung der produktiven Kräfte der Gesellschaft die materiellen Grundlagen für eine alternative Wirtschafts-, Sozial- und Umweltpolitik stärkt. Wir wollen die Sackgasse eines sozial und ökologisch zerstörerischen Wachstums verlassen und stattdessen den Weg eines Wachstums im Rahmen nachhaltiger Entwicklung gehen.
Eine radikale Ökologisierung der Gesellschaft, die damit verbundene neue Art wirtschaftlichen Wachstums und wissenschaftlichen und technischen Fortschritts bedürfen einer alternativen Produktions- und Lebensweise. Ein selbstbestimmtes Leben, eine von Entfremdung befreite Arbeitswelt und eine gerechte Verteilung des Reichtums bedürfen alternativer Gesellschaftsstrukturen, die von der Verwirklichung gemeinschaftlicher Interessen geprägt sind und die Dominanz privatkapitalistischen Eigentums überwunden haben.
Wirkliche Vergesellschaftung hat demokratische Entscheidungsprozesse zur Voraussetzung. Strategische Entscheidungen über die Richtungen und Normen der sozialen, wissenschaftlich-technischen, ökologischen und kulturellen Entwicklung bedürfen der bewussten und demokratischen Gestaltung ebenso wie der Mitbestimmung von Produzenten, Verbrauchern, Kommunen und gesellschaftlichen Bewegungen.
Wir Mitglieder der Partei des Demokratischen Sozialismus stehen für den Einsatz von friedlichen Mitteln zur nachhaltigen Konfliktvorbeugung und -lösung ein. Wir waren, sind und bleiben entschiedene Gegner der Militarisierung von internationalen Angelegenheiten und der Außenpolitik, lehnen Krieg als Mittel der Politik ebenso wie Terror als Mittel des politischen Kampfes ab und verurteilen auch den so genannten "Krieg gegen den Terror" als Versuch der USA-Administration, die eigene Weltherrschaft auszubauen. Wir wenden uns gegen jede Form von Aggression, besonders gegen so genannte präventive Kriege. Wir unterstützen verantwortungsbewusstes Handeln im Dienste der Herstellung und Bewahrung von Frieden auf der Erde als elementare Voraussetzung für die universelle Gültigkeit von Bürger- und Menschenrechten.
Computerspiele und die Gewalt in der Gesellschaft
Vorschnelle Urteile waren damals, sind heute nicht richtig
Von Helge Meves
Der Streit über den Einfluss sogenannter Gewaltspiele auf die Gewalt in der Gesellschaft ist nicht neu. Wie weit dieser Streit zurückreicht, welche höchst aktuell anmutenden Positionen schon vor Jahrhunderten vertreten wurden und welche Folgen das damals hatte, ist nicht nur von historischem Interesse. Die früheren Auseinandersetzungen um die einst neuen Medien sind lehrreich. Klarer wird so, was an den neuen Medien überhaupt neu ist.
Puritaner gegen das Theater
1583 schrieb der puritanische Kulturkritiker Philip Stubbes eine Streitschrift, die sich gegen das Theater Christopher Marlowes, William Shakespeares, Londons und der Welt überhaupt wandte: "... bei ihren geheimen Treffen (in Verborgenheit) betreiben sie dann Sodomie und Schlimmeres. Und dies ist die Frucht von Schauspielen und Interludien, zum größten Teil. ... wenn Du lernen willst zu morden, zu schinden, zu töten, zu klauen, zu stehlen, zu rauben, zu vagabundieren; wenn Du lernen willst, dich gegen Fürsten zu erheben, ..., dann brauchst du in keine andere Schule zu gehen, denn all diese guten Beispiele kannst Du in Interludien und Schauspielen vor deinen Augen ausgemalt sehen."
Stubbes' Buch machte Furore. Anhänger schrieben das Buch weiter, Gegner parodierten es. Vorwürfe wurde erhoben, wie dass die Menschen durch Stücke wie "Romeo und Julia" zum Selbstmord verleitet würden. Dies und anderes hatte für das neue Medium weitreichende Folgen: unter der Herrschaft der Puritaner werden die Theater in England 1642 geschlossen.
Kulturkritiker gegen das Kino
1912 veröffentliche Robert Gaupp einen Aufsatz, in dem er das damals neue Medium Kino "vom Standpunkt eines Arztes und Psychologen" kritisierte: "Die widerliche Spekulation auf die Freude der Menschen am Krassen und Schauerlichen, am Sentimentalen, am sexuell Aufregenden macht sich breit. Von historischen und politischen Ereignissen früherer Zeit bekommen wir namentlich grauenerregende Dinge zu sehen: die Schrecken der Bartholomäusnacht, die Folter der Inquisition, die Grausamkeiten der russischen Justiz. ... Zerrbilder von Elend und Not, Armut und Krankheit erzeugen quälende Gedanken über die Ungerechtigkeit der Welt, rauben die Achtung vor dem Gesetz und staatlicher Autorität. ... Für noch gefährlicher halte ich die grauenhaften Darstellungen aus dem Verbrecherleben. ... Auch der Selbstmord wird mit allem nur denkbarem Grauen im Kino vor Augen geführt. ... Die Zeitungen melden uns erschreckende Vorkommnisse, bei denen jugendliche Personen das im Kino gesehene Verbrechen in der Wirklichkeit nachahmen wollen."
Mit diesen Thesen trat der Tübinger Professor anschließend in erregten Bürgerversammlungen auf. Die Unsittsames, Aufruhr, Nachahmung des Schlechten - und mangelnde hygienische Bedingungen - witternde kaiserliche Polizei reagierte und schloss einzelne Kinos.
Bilanz zur traditionellen Kritik
Die Vorwürfe gleichen sich durch die Jahrhunderte: angeklagt werden sexuelle Vorlieben und Pornografie, Kriminalität und Gewalt, der Selbstmord, mangelnde Achtung vor elterlicher bzw. staatlicher Ordnung und der Tradition sowie revolutionärer Aufruhr. Bemerkenswert ist, dass die Kritiker so verschiedenes auf eine Stufe und in einen Zusammenhang stellen. Was etwa hat die Kritik an sexuellen Vorlieben, revolutionärem Aufruhr und mangelnder Obrigkeitsliebe mit präventiver Kriminalitätsbekämpfung zu tun? Warum wendet sich der puritanische Kritiker gegen die Darstellung von Gewalt im Theater, aber nicht gegen Hinrichtungen, die im London Shakespeares alle 2 bis 3 Tage öffentlich inszeniert wurden und für die ein Diebstahl von Gütern im Wert ab 5 Pfund schon Grund genug war? Warum erzürnt sich der deutsche Psychologe über die Form der Geschichtsdarstellung, aber nicht über die Grauen der Kriege selbst, denen zwei Jahre später gar der erste weltweite Giftgaskrieg folgen sollte?
Die damaligen Kritiker wie ihre späteren Adepten bekämpfen nicht vorrangig die Kriminalität, sondern sie sichern die Ordnung. Ordnung gilt ihnen als Allheilmittel und ist Synonym für Sicherheit. Sicherheit geht bei ihnen auf Kosten der Freiheit. Schuld an dem von ihnen diagnostizierten Verfall traditioneller Werte sollen nun auch die Spiele sein, weil diese zur Nachahmung auffordern oder mindestens reizen. Die Lösung wird in einer vormundschaftlichen Ordnung gesehen.
Bekämpft, zensiert, geschlossen oder verboten wird, was nicht in die traditionelle Hierarchie der Autoritäten und Kontrolle passt und darum das Ende der traditionellen Ordnung herauf zu beschwören scheint. Zugleich wird diese Ordnung durch die Verbote gesichert: Heiner Müller beschreibt die Demarkationslinie dieses totalen Politikanspruches: als die Kulturfunktionäre ab Mitte der 80er nicht mehr verbieten konnten oder wollten, war die DDR am Ende. Auf die Ergebnisse der staatskonservativen oder -sozialistischen Politik können wir heute zurückblicken. Damals wie heute wurde solcherart sich als Sittlichkeitswahn gebende Medienpolitik von kritischen und libertären Denkern in Frage gestellt.
Nachahmung oder Katharsis?
Auch die von den damaligen Kritikern der neuen Medien vorgebrachten Argumente begegnen uns heute wieder. Wer ein Gewaltspiel spielt, so heißt es, baut Aggressionen auf. Dagegen ist einzuwenden, dass das Spielen eines Gewaltspiels genauso zu einem Aggressionsabbau führen kann, indem eine Lust an der Gewalt durch das Ansehen eines Gewaltspieles kompensiert wird. In der Kunsttheorie wird eine nicht unähnliche Position seit Aristoteles Katharsis genannt. Danach befreit die Darstellung einer schauderhaften Handlung den Tragödien-Zuschauer von demselben schauderhaften Gefühl.
In der gegenwärtigen Diskussion gewinnen soziologische Untersuchungen zum Thema einen immer höheren Einfluss. Sie sind zugänglicher als die meist nur einem kleineren Kreis bekannteren Psychologie- und Kunstdiskussionen, sie werben mit exakten Ergebnissen und sie finden über die Medien eine rasche Verbreitung. In einer der weltweit umfangreichsten Studien "Computer Games and Australians Today" von 1999 wurde speziell der Zusammenhang von Gewalt und Computerspielen untersucht. Das Hauptaugenmerk der Studie lag in der "Art und Weise, in der diese Spieldimension von Spielenden, Eltern und anderen Mitgliedern in der australischen Gemeinschaft erfahren und wahrgenommen wird." Diese sonst sehr anregende Studie teilt allerdings schon in der Problemstellung die systematischen Mängel ähnlich gelagerter Studien: sie setzt ein Ursache-Wirkungs-Verhältnis zwischen Gewaltspielen und dem Verhalten von Kinder und Jugendlichen voraus. Infolgedessen wird dann dieses Verhältnis untersucht - die Untersuchungsanordnung impliziert also ihr eigenes Ergebnis.
Haften die Hersteller?
Unser Interesse an den Ursachen von Gewalttaten bezieht sich zu Recht auch auf die anderen Verhältnisse. Wir fragen nach den Eltern und der Schule, dem Freundeskreis und den Hobbys sowie dem Entwicklungsstand der Täter. Kaum weniger interessant sind die Hersteller der Computerspiele, weil sie für ihre Produkte haften. Ihre Verantwortlichkeit kann in einem Zivilprozess festgestellt werden. Bekannt sind etwa die Zivilklagen des Anwaltes der beiden jugendlichen Täter des Littleton-Schulmassakers. Dieser klagte 1998 gegen die Hersteller der Computer-Spiele, die seine beiden Mandanten gespielt hatten. Für ihre Produkte haften sollten z.B. Nintendo, id Software, GT Interactive, Activision, Sega, Sony, Atari und Virgin Interactive. Die Schadensersatzsumme hatte der Anwalt auf fünf Milliarden US-Dollar beziffert. Allein die Höhe des Betrages sicherte der Klage eine Erwähnung in allen Zeitungen. Bei der Beurteilung dieses Zivilprozesses sind allerdings die Besonderheiten der US-amerikanischen Justiz gegenüber z. B. der deutschen zu beachten. Der Hersteller kann zivilrechtlich verantwortlich gemacht werden, auch wenn der Täter bereits strafrechtlich schuldig gesprochen wurde. Weiter ist das Honorar des Anwaltes abhängig vom Erfolg der Klage und steht dafür in einem hohen Verhältnis zur erstrittenen Schadensersatzsumme. Bisher waren alle Klagen gegen Spielehersteller aus verschiedenen Gründen erfolglos.
Bilanz zur jüngeren Kritik
Derartige Studien und Zivilprozessklagen sind so aussagekräftig, wie eine Geschichte des Theaters oder Kinos, die von den im Leben dann nachgeahmten Morden ausgehen würde. Weiter sind diese Studien auch darum wenig hilfreich, weil hier die Gewalttat und die Spieler vorschnell zusammengedacht werden. Nicht weniger wichtig und bedeutsam sind aber die Spieler, die keine Gewalttaten begehen. Beim Computerspiel "Counterstrike" etwa wurde eine Indizierung gefordert, weil es vom Erfurter Schul-Attentäter extensiv gespielt wurde. Allein in Deutschland aber wird es auch von ca. 500.000 anderen Nutzern gespielt. Unzureichend ist es deshalb, vom Spielen eines Gewaltspieles auf die Taten zu schlussfolgern. Übergangen wird damit, wie der Spieler das Spiel verarbeitet, und wie er sich zur dargestellten oder gespielten Gewalt ins Verhältnis setzt. Menschen sind keine blind ablaufenden Computerprogramme, die durch einen äußeren Reizeindruck gestartet werden. Menschen zeichnen sich u. a. dadurch aus, dass sie sich zu etwas ins Verhältnis setzen können. Sie können nachdenken und Dinge tun oder sein lassen: auch das macht menschliche Freiheit aus. Überraschen kann das wohl nicht: kaum ein Kind etwa, dass "Hänsel und Gretel" erzählt und erklärt bekommen hat, schiebt danach fremde ältere Frauen in den heimischen Herd. Die brechtsche Forderung nach "schlechten Beispielen" und "nichtlösbaren Aufgaben" gehört hierher: danach kann man gute Beispiele wohl nachahmen; zum Lernen gehört aber auch die Auseinandersetzung mit schlechten Beispielen oder unlösbaren Aufgaben. Dass Kinder und Jugendliche für dieses Lernen entwicklungsbedingt Hilfe benötigen, ist im Alltagswissen und der Forschung zu Recht Konsens.
Letztlich ist zu berücksichtigen, wer welches Argument vorbringt und welche eigenen Interessen er mitbringt: die erwähnte australische Studie wurde von der Landes-Zensurkommission in Auftrag gegeben. Das Honorar des genannten Anwaltes hätte im Erfolgsfalle im Milliarden-Dollar-Bereich gelegen. Die verklagte Spielindustrie schließlich ist am weiteren Verkauf ihrer Spiele interessiert und richtet sich mit ihrem Vermarktungsstrategien zunehmend und direkter an Kinder und Jugendlichen. Nicht alles, was bei der Diskussion um Computerspiele als neu bezeichnet wird, ist es aber in der Tat.
Neue Spiele
Die Idee der Computerspiele ist traditionellen Rollenspielen entlehnt. Wie Kinder "Mutter und Kind" spielen, probiert man in Computerspielen andere Identitäten aus. Da aber die physischen Beschaffenheit der Spieler am Bildschirm nicht sichtbar ist, stehen wesentlich mehr Rollen zur Verfügung. Eine Heterosexuelle kann als Lesbe auftreten, ein introvertierter Feingeist als Türsteher einer virtuellen Disco, jemand aus der High Society kann virtuell das Leben als Bettler ausprobieren. Wer neidisch auf die ältere Schwester ist oder Probleme mit seiner Mutter hat, probiert deren Rollen spielerisch aus. Den Erfahrungsmöglichkeiten sind praktisch keine Grenzen gesetzt.
Jeder Spieler kann dabei auch die Rolle eines Killers spielen. Die Computerspiele, in denen Gewalt eine mögliche Konfliktlösungsstrategie ist, sind die sogenannten Gewaltspiele. In einem "Ballerspiel" ist Gewalt die einzige Handlungsmöglichkeit. In komplexeren Adventure-Spielen dagegen kann ein Konflikt vermieden, umgangen oder auch anders gelöst werden, weil die Spielewelt von den Spielern erst gemeinsam kreiert wird. Planschbecken, ganz private Räumlichkeiten und finstere Keller findet man hier, aber auch ein Eldorado oder Garten Eden im virtuellen Nirgendwo.
Weil terrestrische Rollenspiele räumlich begrenzt sind, kann der Spieler zu einer Zeit nur eine Identität annehmen. Beim Computerspiel sind dagegen, nur den berühmten einen Mausklick entfernt, weitere Identitäten im selben oder anderen Spielen möglich. Der Spieler kann fast gleichzeitig das Kind, die Mutter oder auch ein Architekt und Drachen sein. Die Spieler können sich so quasi ein neues Selbst schaffen, indem sie parallel durch verschiedenen Identitäten vagabundieren. Das ist neu.
Neue Bildsprachen
Jede Kunstform hat ihre eigene Art, mit Bildern umzugehen, ihre eigene Bildsprache. Diese Bildsprache gehört zu den ästhetischen Konventionen der jeweiligen Kunstform, mit denen die jeweiligen Kunstfreunde praktisch vertraut sind. Ein brasilianischer Samba z. B. wird in Europa anders verstanden als in Südamerika. Runkels Ritterregeln verlieren ihren subversiven Witz, wenn man die politische Alltagsdialektik der DDR nicht kennt. Mutter Beimer aus der Lindenstraße erregt erst Interesse, wenn man sie nach einigen vorher gesehenen Folgen einzuschätzen weiß.
Wer mit diesen ästhetischen Konventionen der jeweiligen Kunstformen nicht vertraut ist, sollte deshalb nicht vorschnell darüber urteilen. Denn all zu leicht unterstellt er diesen Blick auch den anderen Kunstfreunden. Mutter Beimer kann dann als daneben erscheinen, Ritter Runkel wirkt überspannt und der brasilianische Samba präsentiert sich als Pornografie. Und wer sich das trotzdem anschaut, ist dann eben blöde, verquer oder lüstern.
Nicht anders ist es bei Gewaltspielen. Auch für Computerspiele benötigt man eine Lesekompetenz, weil sie eigenen ästhetischen Konventionen folgen. Gewaltdarstellungen in Computerspielen etwa haben in aller Regel nichts Sadistisches an sich. Das Leiden wird nicht zelebriert und
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Hallo wenn ihr Fragen an mich habt schreibt sie mir an: Schul.Arbeit@web.de
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